Neufchâteau/Frankreich

Beide sind gleich alt und doch so verschieden: Hamm wurde am Aschermittwoch 1226 von Graf Adolf von der Mark gegründet, Neufchâteau erhielt am 29. September 1225 die Stadtrechte. Heute haben Hamm fast 190 000 und Neufchâteau nur etwas über 8 000 Einwohner. Und doch sind beide in Freundschaft verbunden. Der Stadtbezirk Herringen brachte das idyllische Vogesenstädtchen mit in die 1975 geschlossene Großstadt-Ehe. Und ist nach wie vor federführend für diese 1967 begründete Partnerschaft.
Die berühmteste Einwohnerin von Neufchâteau war Jeanne d'Arc. Sie kam 1428 als 17-Jährige mit ihrer Familie dorthin. Das Andenken an die Jungfrau von Orleans lebt nicht nur im Namen eines Platzes und in historischen Kirchen weiter. Johanna zog in den Krieg, und von Kriegen wurde die an einem wichtigen Handelsweg gelegene Stadt schon zu Römerzeiten nicht verschont. Schwere Schäden trug sie auch in den beiden Weltkriegen davon. Der 1963 von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer geschlossene deutsch-französische Freundschaftsvertrag ebnete den Weg in eine friedliche Zukunft und für eine Partnerschaft über Grenzen hinweg. Schon vier Jahre später unterzeichneten am 29. April 1967 die damals noch selbständige Gemeinde Herringen und die Stadt Neufchâteau die Partnerschaftsurkunde, die seither durch ständige Besuche hüben und drüben mit Leben erfüllt wurde.

Dabei ist es den inzwischen mehrfach gewechselten Verantwortlichen ein Anliegen, den Text der Urkunde zu beherzigen. Es heißt darin unter anderem: "Wir bekräftigen, dass unsere Gemeinden den Geist der Freundschaft unter ihren Bürgern wach halten wollen, um das Band zwischen Frankreich und Deutschland zu stärken und damit einen Beitrag zur Einheit Europas zu leisten und dem Frieden in der Welt zu dienen." Dazu tragen regelmäßige Austauschprogramme von Schülern, Sportlern oder Vereinen ebenso bei wie gegenseitige Besuche bei Ausstellungen oder anderen Veranstaltungen.

Die wohl bewegendste Begegnung in diesem Zusammenhang war 1970 ein Veteranentreffen von deutschen und französischen Kriegsteilnehmern auf den ehemaligen Schlachtfeldern von Verdun. Mit dabei waren zwölf Herringer im Alter zwischen 74 und 82 Jahren, die die Schrecken des 1. Weltkrieges dort miterlebt hatten. Gemeinsam erneuerten die ehemaligen Gegner das Versprechen, alles zu tun, damit es nie wieder zu einem Krieg kommt.

Die Stadt am Tor zur Champagne ist auch als touristisches Ziel interessant. Mehr als Hamm hat Neufchâteau an Kunstschätzen und historischen Bauten zu bieten. Das beginnt mit zwei Kirchen aus dem 12. und 13. Jahrhundert und hört mit dem 1597 als private Villa errichteten Rathaus, das 1802 von der Stadt gekauft wurde, nicht auf. Es gibt sieben Klöster, von denen das schönste als Theater und Stadtbibliothek genutzt wird. Sehenswert sind auch zahlreiche Wohnhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Hinzu kommt am Zusammenfluss von Maas und Mouzon eine idyllische Umgebung, die sich für Wanderungen und Entdeckungsfahrten anbietet.

Berühmt sind Neufchâteau und die Nachbarstadt Liffol-le-Grand durch ihre Möbelindustrie, die sich seit dem 19. Jahrhundert entwickelt hat und in der heute 110 Handwerks- und Industriebetriebe mehr als 2 000 Arbeitnehmer beschäftigen. Die Qualität der Produkte ist so gut, dass nicht nur französische Luxushotels und Passagierschiffe damit ausgestattet werden, sondern auch arabische Erdölscheichs zu den Kunden zählen. Die regionale Berufsfachschule vermittelt den Auszubildenden das theoretische Wissen. Darüber hinaus verfügt die Stadt über fünf Grundschulen und die "Schulstadt Pierre et Marie Curie", die eine Gesamtschule und ein Gymnasium umfasst und in der die Schüler auch Deutsch lernen. Die medizinische Versorgung sichert das Krankenzentrum, das mit 427 Betten und rund 600 Mitarbeitern eine Region von 60 000 Einwohnern versorgt.

Dem Rat der Stadt, der acht Mal im Jahr tagt, gehören 29 Mitglieder an. Die Stadtregierung, bestehend aus dem Bürgermeister und acht Stellvertretern, kommt einmal wöchentlich zusammen. Der Kontakt mit dem Hammer Stadtbezirk Herringen, in dem mehr als 100 Sport- und Kulturvereine tätig sind, ist trotz wechselnder politischer Mehrheiten seit 1967 nie abgebrochen.