Vorsorgender Bodenschutz: Unsere Verantwortung für den Boden

Der vorsorgende Bodenschutz zielt darauf ab, schädliche Veränderungen des Bodens bereits im Vorfeld zu verhindern. In einer Zeit, in der unsere Böden vielfältigen Belastungen ausgesetzt sind, liegt der Fokus darauf, Schadstoffe von vornherein fernzuhalten. Der Eintrag von Substanzen, die langfristig den Boden, die Tier- und Pflanzenwelt sowie das Grundwasser beeinträchtigen könnten, wird aktiv vermieden.

In Deutschland bieten das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) die rechtlichen Grundlagen für diesen wichtigen Ansatz (MKULNV, Gesetze). Das Ziel dabei ist klar: Erhaltung der essenziellen natürlichen Bodenfunktionen, sei es als Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanzen oder als Schutz des Grundwassers. Besonders schützenswerte Böden, die diese Funktionen in besonderem Maße erfüllen, erhalten eine besondere Aufmerksamkeit.

Um wertvolle Böden mit ihren natürlichen Funktionen zu identifizieren, hat der Geologische Dienst NRW eine Karte schutzwürdiger Böden herausgebracht. Diese Karte ermöglicht es, Gebiete auszuweisen, die als Ökosysteme, Archive der Natur- und Kulturgeschichte oder als Standorte für Wohnen und Arbeiten eine besondere Bedeutung haben. So tragen wir gemeinsam dazu bei, unsere Böden nachhaltig zu schützen und zu bewahren.

Themen und Serviceleistungen rund um das Thema Vorsorgender Bodenschutz:

Die nachhaltige Bewahrung unserer Böden erfordert proaktive Maßnahmen zum Schutz und zur Erhaltung besonders wertvoller Bodentypen. Informationen über die Beschaffenheit von Böden und den Grad ihrer Funktionsfähigkeit sind unerlässlich, um effektive Schutzstrategien zu entwickeln. Die Bodenfunktionskarte stellt ein wertvolles Instrument dar, das bei der Anpassung von Planungen und der Umsetzung präventiver Maßnahmen zum Einsatz kommt.

Die Karte der schutzwürdigen Böden bildet die Grundlage dieser Bodenfunktionskarte und visualisiert die Schutzbedürftigkeit der verschiedenen Bodentypen. Diese Karte dient als Ausgangspunkt für eine umfassende Bewertung der Bodenqualität in unserer Region. Die Einschätzung erfolgt gemäß den rechtlichen Vorgaben des Bodenschutzrechts und basiert auf den natürlichen Bodenfunktionen sowie der Archivfunktion des Bodens. Diese Bodenfunktionsbewertung fungiert als wertvolles Planungswerkzeug, insbesondere in bodenbezogenen Entscheidungsprozessen wie der Landschaftsplanung, Bauleitplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung.

Seit 2012 steht eine Bodenfunktionskarte im Maßstab 1:5000 für das Stadtgebiet Hamm zur Verfügung. Diese Karte basiert auf der Karte der schutzwürdigen Böden des Geologischen Dienst NRW und enthält zusätzliche, lokal relevante Informationen. Besonders fruchtbare Böden mit hohem Ertragspotenzial sind vor allem im südlichen und östlichen Teilgebiet zu finden. Diese Gebiete sind als besonders schutzwürdig oder sehr schutzwürdig klassifiziert. Zusätzlich befinden sich solche Bodentypen in den Auenbereichen von Lippe und Ahse, die ein Potenzial für die Entwicklung von Lebensräumen bieten. Ebenso wurden in kleineren Arealen im südlichen Rand des Hauptsiedlungsbereichs schützenswerte Böden identifiziert, darunter seltene Typen wie Plaggenesch und Wiesenmergel, die eine besondere Bedeutung als Archive der Natur- und Kulturgeschichte haben.

In Hamm sind bestimmte Bodentypen besonders schutzwürdig und bedürfen besonderer Aufmerksamkeit im Rahmen von Planungs- und Zulassungsverfahren. Die Identifizierung und Schutzmaßnahmen für diese Böden sind wesentlich, um ihre Integrität zu bewahren und nachhaltige Bodenfunktionen zu gewährleisten. Im Jahr 2021/2022 wurden genaue Kartierungen durchgeführt, um die tatsächliche Ausdehnung und Ausprägung dieser Böden zu bestimmen und somit effektiven Schutz zu gewährleisten.

Der Plaggenesch ist von kulturgeschichtlicher Bedeutung, da er Einblicke in mittelalterliche Ackerbauformen gibt und als Archiv für Siedlungs- und Kulturgeschichte fungiert. Plaggenesche sind das Ergebnis langjähriger Plaggendüngung, was zu starken humosen Schichten geführt hat. Diese sind durch charakteristische Eschkanten erkennbar. Neben ihrer historischen Bedeutung speichern Plaggenesche aufgrund ihrer humosen Schichten auch CO2, was sie zu wichtigen Akteuren im Klimaschutz macht.

Wölbäcker sind bedeutende Archive der Kulturgeschichte und liefern Informationen über historische Landnutzungspraktiken und -veränderungen im Laufe der Jahrhunderte. Sie entstanden durch spezielle Pflugführung oder den Einsatz nicht wendbarer Pflugscharen. Diese Praktiken dienten oft der Verbesserung der Wasserverfügbarkeit. Wölbäcker reichen bis ins Mittelalter zurück und sind ein wichtiges Zeugnis unserer Vergangenheit.

Niedermoore  sind nicht nur Archive der Naturgeschichte, sondern auch wichtige CO2-Speicher. Sie bieten vielfältige Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten, was ihre Rolle als wichtige Biotope betont. Moore entstanden schon vor über 12.000 Jahren. In Mooren werden die Reste abgestorbener Pflanzen langsamer abgebaut, als das neues Pflanzenmaterial (Laub, etc.) produziert wird. Durch diesen Prozess entsteht Torf. Torf hat den Vorteil, dass er das in Pflanzen gebundene Kohlenstoffdioxid (CO2), nach deren absterben, weiterhin bindet. Obwohl Moore nur 3 % der Landflächen bedecken, speichern sie doppelt so viel CO2 wie alle Wälder weltweit zusammen. Ein intaktes Niedermoor kann pro 15 Zentimetern Torfschicht genau so viel Kohlenstoff wie ein 100-jähriger Wald speichern.

Mudde repräsentiert ein Archiv der Naturgeschichte. Sie entstehen durch die Wechselwirkungen von kalkreichem Bodenmaterial und Grundwasser. Des Weiteren zeichnen sich Mudden durch einen hohen Anteil an organischer Substanz aus, der mehr als 5 % der Masse beträgt.

Wiesenmergel sind Archive der Naturgeschichte, in denen vergangene Umweltbedingungen und ökologische Veränderungen festgehalten sind. Sie liefern wertvolle Einblicke in die Entwicklungen von Ökosystemen und Landschaften. Wiesenmergel entstehen im Zusammenhang mit kalkreichen bodenbildenden Substraten und/oder kalkreichem Grundwasser. Durch den Kontakt mit Kalkmergel-Gestein wird Calciumcarbonat (CaCO3) im Boden gelöst und wieder ausgefällt, wenn sich das Grundwasserverhältnis ändert. Dies führt zur Bildung von Kalkkonkretionen, die besondere Standortbedingungen für Flora und Fauna schaffen können.

Mit der Ersatzbaustoffverordnung ist am 01. August 2023 eine rechtliche Regelung in Deutschland in Kraft getreten, die den Umgang mit Ersatzbaustoffen regelt. Ersatzbaustoffe sind Materialien, die anstelle von natürlichen Baustoffen in Bauvorhaben eingesetzt werden, um natürliche Ressourcen zu schonen und Umweltauswirkungen zu reduzieren. Die Verordnung legt Kriterien fest, nach denen die Eignung von Ersatzbaustoffen beurteilt wird, sowie Anforderungen an deren Einbau und Dokumentation.

Die Ersatzbaustoffverordnung enthält auch Regelungen für den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen und industriellen Nebenprodukten (Bspw.: Recycling-Baustoffe) in technische Bauwerke des Erd- und Straßenbaus. Sie bestimmt, unter welchen Bedingungen eine wasserrechtliche Erlaubnis für den Einbau erforderlich ist und welche Dokumentationspflichten bestehen.

Die Verordnung trägt dazu bei, Ressourceneffizienz und Umweltschutz im Baubereich zu fördern und gleichzeitig die technische Sicherheit der Bauwerke zu gewährleisten.

Für die geplante Verwendung von mineralischen Ersatzbaustoffen und anderen industriellen Nebenprodukten in technischen Bauwerken des Erd- und Straßenbaus ist ggf. unter Berücksichtigung des Ersatzbaustoffs und der Grundwasserbeschaffenheit eine Wasserrechtliche Erlaubnis gem. § 8 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) erforderlich.

Die § 6 – 8 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, neue Fassung (BBodSchV, n.F.) in Anlehnung an die Ersatzbaustoffverordnung legen wichtige Grundsätze für das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden sowie für die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht fest.

- Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden:

  • Materialien dürfen eingebracht werden, sofern keine schädlichen Bodenveränderungen resultieren.
  • Besondere Aufmerksamkeit gilt Materialien mit möglichen langfristigen Belastungen für Boden, Wasser und Leben.
  • Die Verwendung von Ersatzbaustoffen und anderen Materialien ist zulässig, sofern sie den Vorgaben der entsprechenden Verordnung entsprechen.

- Auf- und Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht:

  • Dies betrifft die Verfüllung und Umlagerung von Materialien, ohne dass es sich um klassische Baumaßnahmen handelt.
  • Hierbei sind Anforderungen des Abfallrechts, Bodenschutzrechts und Wasserrechts zu berücksichtigen, um negative Auswirkungen zu verhindern.

- Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht:

  • Im Rahmen von Rekultivierungs- und Wiedernutzbarmachungsmaßnahmen ist die Schaffung einer durchwurzelbaren Bodenschicht gestattet.
  • Bedingung ist, dass schädliche Bodenveränderungen vermieden werden und zumindest eine Bodenfunktion nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt wird.
  • Ersatzbaustoffe entsprechend der einschlägigen Verordnung können genutzt werden, sofern sie den Anforderungen entsprechen.
  • Die Qualität und Zusammensetzung der hergestellten durchwurzelbaren Bodenschicht sollte dokumentiert werden.

Diese Grundsätze betonen die Bedeutung der verantwortungsvollen Einbringung von Materialien in den Boden, um potenziell negative Effekte auf Boden und Grundwasser zu verhindern. Die relevanten rechtlichen Vorgaben sind in entsprechenden Verordnungen festgelegt und dienen dem präventiven Bodenschutz sowie der Schaffung durchwurzelbarer Bodenschichten.

Wer (Boden-)Material von über 500 m³ auf oder in den Boden einbringen will, muss dies gemäß § 6 Abs. 8 BodSchV, n.F. der zuständigen Bodenschutzbehörde anzeigen. Diese Bestimmungen richten sich an diejenigen, die Materialien auf oder in den Boden einbringen, wie Antragsteller, Nutzer und Durchführende (z. B. Bauunternehmer).

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