Kirche und Gemeinde St. Victor in Herringen
Zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert entstanden mit dem Ausbau des Herrschaftsbereichs der Franken auch kirchliche Strukturen südlich der Lippe. Das Dorf Herringen wurde Hauptort einer kölnischen Stammpfarrei. Die erste urkundliche Erwähnung der Herringer Kirche stammt aus dem Jahre 1032. Durch eine Schenkung ordnete Erzbischof Pilgrim von Köln die Kirche in „Heringhe“ dem Benediktinerkloster Deutz zu. Bis weit in das 16. Jahrhundert hinein behielt sich die Deutzer Abtei das Recht vor, den Herringer Pfarrer zu ernennen.
Das Einzugsgebiet der Pfarrei erstreckte sich von der Ahse im Nordosten südlich entlang der Lippe über Pelkum bis nach Heil. Auch die Einwohner aus dem nördlich der Lippe gelegenen Nienbrügge suchten die Herringer Kirche auf. Bis zur Zerstörung von Nienbrügge im Jahre 1225 und in der Gründungszeit der Stadt Hamm im Jahre 1226 befand sich dort kein eigenes Gotteshaus.
Die St.-Victor-Kirche, Ansicht von Norden, 1924
Quelle: Stadtarchiv
1580/85 trat die Gemeinde zum lutherischen, im 17. Jahrhundert zum reformierten Bekenntnis über.
Urkundliche Belege über den Bau der Kirche existieren nicht mehr, ihre Geschichte lässt allein anhand der Baustile erschließen. Der dreischiffige Hallenbau der heutigen St. Victor-Kirche wurde aus grünem Sandstein im Stile der Gotik offenbar in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichtet. Er entspricht einer seit dem 13, Jahrhundert in Westfalen häufiger anzutreffenden Bauart. Der romanische Turm auf der Westseite stammt aus der Mitte des 12. Jahrhunderts und ist ein Relikt des Vorgängerbaus. Die älteste Glocke im Turm stammt aus dem 13. Jahrhundert.
1786 wurde die Kirche bei einem Großbrand im Ortskern schwer beschädigt, das Dach brannte komplett ab, auch das Gewölbe und die Orgel waren stark in Mitleidenschaft gezogen. Durch Spenden, die teilweise aus Gemeinden aus Amsterdam nach Herringen flossen, konnte die Kirche schnell wiederaufgebaut werden, bereits 1787 feierte man wieder Gottesdienst in der eigenen Kirche.
Der Kirchenraum beherbergt etliche sandsteinerne Epitaphe u. a. für Anna von Hugenpoet (+ 1604) aus der Werkstatt von Hans Lacke.
Die Kirche steht – zusammen mit dem angrenzenden Wohnhaus und Garten des Schulzenhofes – unter Denkmalschutz. Durch Bergschäden bedingte Sicherungsarbeiten wurden ab 1984 durchgeführt.