Bekennende Gemeinde in Hamm
Nach den Erinnerungen von Pfarrer Ernst Kalle, geboren am 19.4.1900 in Schmalkalden in Thüringen, ab 1.4.1932 Pfarrer an der Christuskirche in Hamm, gestorben am 28.2.1986 in Hamm.
Auch die Christen in Hamm setzten anfangs ihre Hoffnung auf Adolf Hitler, doch der Begeisterung wich bald die Ernüchterung. Der Staat nahm immer mehr Einfluss auf die Kirche und unterstützte durch Propaganda die nationalsozialistisch geprägten Deutschen Christen.
Stahlglocke der Johanneskirche mit der Inschrift „+ ICH BIN DER HERR + DEIN GOTT / DIE BEKENNENDE GEMEINDE HAMM GAB DIESE BUSSGLOCKE 1937“, Quelle: Stadt Hamm, Untere Denkmalbehörde
Bei den Kirchenwahlen am 23. Juli 1933 wurden in Hamm 13 Presbyter aus den Reihen der Deutschen Christen gewählt, die drei Presbytern der Gruppe „Evangelium und Kirche“ und den sechs Pfarrern gegenüberstanden.
In kirchlichen Räumen wurden Bekenntnisversammlungen durchgeführt, zu denen unter anderen Präses D. Koch, Professor Dr. Beckmann und Martin Niemöller eingeladen wurden.
Wie in andern Kirchenkreisen wurde auch in Hamm zum Beitritt zur Bekenntnisgemeinde aufgefordert, die durch die Unterschrift unter die rote Verpflichtungskarte wirksam wurde. Die Kartei wurde vor der Gestapo in der Wohnung der in Hamm lebenden Feierabendschwestern des Wittener Diakonissenhauses versteckt.
Verpflichtungskarte Martin Bertholds, die ihn als Mitglied der Bekenntnisgemeinde ausweist, unterzeichnet von Pfarrer Ernst Kalle als Vorsitzender des Brüderrates, Foto: Burkhard Großmann
Da der Religionsunterricht an den Schulen verboten wurde, wurde in kircheneigenen Räumen Unterricht durchgeführt.
Die Jugendarbeit sollte der Hitlerjugend eingegliedert werden, doch gelang es in Hamm, heimliche Treffen von Jugendlichen und sogar Freizeiten durchzuführen.
Den Frauenhilfen wurde das Leben schwer gemacht, als Konkurrenz wurden NS- Frauenschaft und Evangelischer Frauendienst der Deutschen Christen ins Leben gerufen.
Im neu errichteten Pfarrhaus an der Spichernstraße befanden sich die Geschäftsräume des neu gegründeten „Evangelisch- kirchlichen Männerdienstes“. Über der Eingangstür des Pfarrhauses steht: „Einer ist euer Meister, Christus“ als ein klares Bekenntnis.
Als das Presbyterium der Kirchengemeinde durch die Machtspiele der Deutschen Christen arbeitsunfähig wurde, übernahm der Bruderrat der Bekenntnisgemeinde die Verantwortung. Pfarrer Kalle als Vorsitzender weigerte sich, die Pauluskirche für die Rede des Reichsbischofs Ludwig Müller zur Verfügung zu stellen. Weil an Himmelfahrt, der im Krieg zum Arbeitstag erklärt worden war, Gottesdienste angeboten wurden, musste er 157,50 Reichsmark als Strafe zahlen.