Autobahnknoten Hamm
Schulen und Geschäfte in Rhynern blieben geschlossen, als drei Tage nach der Reichspogromnacht am 12. November 1938 die Reichsautobahn (RAB-Strecke 5) zwischen Recklinghausen und Gütersloh (A2) – trotz einiger Widerstände gegen den Bau – feierlich eröffnet wurde. Neben uniformierten Parteigrößen stand die Hitlerjugend Spalier als „ […] pünktlich um 11.05 Uhr zwei Polizeibeamte auf ihren Motorrädern heran[ratterten], denen die Wagen des Generalinspektors folgten.“ Die noch drei Jahre zuvor bestandenen Bedenken waren der Euphorie gewichen. Befürchtungen von Anwohnern wegen einer Minderung von Grundstückswerten, erschwerter Bewirtschaftung aufgrund Durchschneidungen der Grundstücke, etwaiger Schäden an Häusern sowie entstehender Umwege, konnten durch die Oberste Bauleitung zuvor in Verhandlungen mit wesentlichen Zugeständnissen abgemildert werden. Nach entsprechenden Umlegungsverfahren und Grundstücksaufkäufen wurde in Rhynern ein Lager für den Reichsarbeitsdienst eingerichtet und mit dem Bau der Strecke begonnen, der noch weitgehend in Handarbeit mit „Hacke und Spaten“ verrichtet wurde. Das Baumaterial wurde per eigens angelegten Schienenweg mit kleinen Loren herangeschafft.
In der Weimarer Republik noch als privilegierte „Luxusstraßen“ abgelehnt, wussten die Nationalsozialisten sie später als „Straßen des Führers“ für ihre Zwecke propagandistisch auszunutzen, wie es der Lokalzeitung beispielhaft zu entnehmen ist. Mit der Ernennung Dr.-Ing. Fritz Todts zum Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen am 30. Juni 1933 erfolgte mit der Verstaatlichung auch die propagandistische Vereinnahmung des Autobahnwesens durch die „Organisation Todt“, wenngleich sich die zügige Umsetzung des Baus nur dank intensiver Vorarbeiten verwirklichen ließ. Denn als Grundlage diente ein bereits 1927 erstellter Linienplan und die Berliner AVUS (A115) bzw. die Strecke Köln-Bonn (A555) waren schon seit 1921 bzw. 1932 als reine Autostraßen in Betrieb.
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Kartenausschnitt der Reichsautobahnstrecken, aus: Fünf Jahre Arbeit an den Straßen Adolf Hitlers, 1938, Quelle: Stadtarchiv
Der regelhafte Ausbau der heutigen A2 konnte unter Einsatz von Kriegsgefangenen noch 1940 beendet werden. Die weiteren Kriegsereignisse verhinderten die Fertigstellung der RAB-Strecke 77, die unweit östlich von der Rastanlage in die Autobahn einmünden sollte. Für den Streckenverlauf von dort bis Welver lag seit 1935 die Planung vor. Ab 1937 wurde an der Route Hamm-Kassel gebaut, bis die Essener Bauleitung 1942 alle Arbeiten bis Kriegsende zurückstellen ließ. Die Trasse bis Welver mit ihren bereits erstellten und noch erhaltenen Bauteilen steht seit 2012 unter Denkmalschutz.
Gleiches gilt seit 2013 für die 1936/38 errichtete Brücke im Zuge des Caldenhofer Weges über die heutige A2 im Bereich der vorgesehenen Einschleifung. Als eine der frühesten geschweißten Stahlbrücken im Straßenbau überhaupt hat das Dreifeldbauwerk den sechsstreifigen Autobahnausbau dank seiner ausreichenden Spannweite überstanden und gilt inzwischen als das letzte erhaltene Bauwerk dieser Konstruktionsart und Zeitstellung in Westfalen.