Oberlandesgericht Hamm - das größte der Bundesrepublik Deutschland
Aufgrund der Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. vom 20. April 1820 wurde das Oberlandesgericht zum 1. Juli 1820 von Kleve nach Hamm verlegt. Es residierte zunächst im Gebäude der ehemaligen preußischen Kriegs- und Domänenkammer am Markt. Die Industrialisierung des Ruhrgebiets im 19. Jahrhundert ließ die Bevölkerung im Gerichtsbezirk stark wachsen und bewirkte eine enorme Zunahme der Geschäfte des OLG Hamm. Dank des Anschlusses an das Eisenbahnnetz war das Gericht in Hamm gut zu erreichen. Diese Entwicklung mündete im Zuge der Reichsjustizreformen im Jahr 1879 in der Vereinigung der zuvor vier westfälischen Obergerichte in Münster, Hamm, Paderborn und Arnsberg in dem Oberlandesgericht Hamm. Im Jahr 1894 konnte das OLG sein neues Gerichtsgebäude am damaligen Friedrichsplatz beziehen, das seit 1959 der Stadt Hamm als Rathaus dient.
Gut zu wissen
Hans Semler
Aufgrund seines frühen Parteieintritts gehörte Hans Semmler zur "Alten Garde" und galt als „der älteste nationalsozialistische Kämpfer unter den Juristen“. Er wurde Anfang August 1936 aus parteipolitischen Erwägungen heraus Generalstaatsanwalt in Hamm. Im Dezember 1942 wurde er als Nachfolger von Rudolf Schneider zum Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm berufen und blieb nach seinem Amtsantritt im März 1943 offiziell bis zum Endes des NS-Regimes in dieser Funktion. Die NSDAP-Parteileitung soll nach dem Tod des Volksgerichtshofpräsidenten Roland Freisler erwogen haben, Semler als dessen Nachfolger durchzusetzen, wozu es jedoch nicht kam. Laut Hans-Eckhard Niermann durchlief Semler „eine der eindrucksvollsten Juristenkarrieren des Dritten Reiches“. (Quelle: Wikipedia)
Ein dunkles Kapitel
Aus der Geschichte des Oberlandesgerichts in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bleibt das Unrecht der nationalsozialistischen Diktatur in Erinnerung, welches auch von Teilen der Justiz des Oberlandesgerichtsbezirks Hamm willfährig umgesetzt wurde. In politisch motivierten Strafprozessen verurteilten die Strafsenate des Oberlandesgerichts und die Sondergerichte des Bezirks mehr als 25.000 Regimegegner zu langjährigen Zuchthausstrafen. Verhängt wurden in dieser Zeit auch mindestens 350 Todesurteile. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte die Rechtsstaatlichkeit in die Säle des Oberlandesgerichts zurück.
Neuer Standort ab 1959
Der Standort an der Heßlerstraße besteht seit dem Jahr 1959. Das von 1955 bis 1958 errichtete Gerichtsgebäude wurde in den Jahren 1999 bis 2003 erweitert und saniert. Mit dem 60 m hohen Hochhaus, dem höchsten Bürogebäude der Stadt Hamm, ist das Gericht weithin sichtbar. Die Eingangshalle und das sich anschließende Treppenhaus verbinden die vier Gebäudeteile zu einer architektonischen Einheit. Das Gebäude bietet auch Raum für Kunst.
Das OLG heute
Das OLG Hamm ist - mit ca. 9 Mio. Einwohnern in seinem Bezirk - das größte Oberlandesgericht der Bundesrepublik Deutschland. Der fast 22.000 km² große Bezirk umfasst mit dem Münsterland, Ostwestfalen/Lippe, dem Sauer- und Siegerland und dem Ruhrgebiet fast zwei Drittel der Fläche Nordrhein-Westfalens. In ihm gewährleisten neben dem Oberlandesgericht zehn Landgerichte und 77 Amtsgerichte die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Das OLG Hamm mit seinen etwa 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter über 200 Richterinnen und Richtern, nimmt vorwiegend zweitinstanzliche Aufgaben der Rechtsprechung im Zivil-, Familien- und Strafrecht sowie umfangreiche Aufgaben der Gerichtsverwaltung für die Gerichte seines Bezirks wahr. Ihm sind zudem landesweite Zuständigkeiten übertragen. Ein Justizprüfungsamt für die erste juristische Staatsprüfung sowie der Dienstgerichtshof für Richter und der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen sind dem OLG angegliedert. Die Generalstaatsanwaltschaft ist in demselben Gebäude untergebracht.
Downloads
- Die Stele "Oberlandesgericht Hamm" (PDF, 5.00 MB)
- Faltblatt zur Ausstellung "Justiz und Nationalsozialismus" 2019 im Oberlandesgericht (PDF, 1.38 MB)