Nassauer Hof
Der Nassauer Hof war ursprünglich der innerstädtische Adelssitz der Familie von Nassau Im 18. Jahrhundert gehörte der Stadthof der Familie von Westhoven. Über Erbschaft ging er an die Familie von Sudhausen, die teilweise auch auf Gut Heithof bei Mark wohnten. Von 1757 bis 1763 war hier der Sitz einer Landesdeputationskommission. Carl von Sudhausen, Kriegsrat bei der Märk. Kriegs- und Domänenkammer in Hamm, überließ den Hof 1792 bis 1794 den Brüdern des französischen Königs Louis XVI. als Exilunterkunft. Louis Comte de Provence etablierte hier nach der Verabschiedung der „Hammer Erklärung“ am 28. Januar 1793 die französische Exilregierung. Er lebte hier bis Ende 1793, sein Bruder Charles Comte d’Artois bis August 1794.
Gut zu wissen
Hamm – Sitz der französischen Exilregierung
Die Französische Revolution 1789 führte zu einer Umwälzung der politischen, gesellschaftlichen und religiösen Verhältnisse in Europa. In den innerfranzösischen Konflikt wurden die angrenzenden deutschen Länder mit hineingezogen, als die ersten französischen Flüchtlinge - überwiegend Adelige und katholische Geistliche - über den Rhein setzten.
Als die Revolutionsarmee das preußische Koblenz eroberte, gab König Friedrich Wilhelm II. von Preußen den Exilanten Asyl u.a. in Hamm. Am 7. Dezember 1792 trafen die Brüder des französischen Königs Louis XVI. - Louis Comte de Provence und Charles Comte d’ Artois – in Hamm ein. Als Quartier wurde ihnen der Nassauer Hof zugewiesen. Mit ihnen kamen zahlreiche Bedienstete und eine „Hofsuite von 55 theils vornehmen Standespersonen, mit einer Menge Pferde und Wagen“, wie Bürgermeister Möller berichtete. Die Stadtbevölkerung stand den Exilanten zwiespältig gegenüber. Zwar brachten sie durch Mieteinnahmen und Konsum viel Geld in die Stadt. Andererseits verteuerten sich die Lebensmittel.
Nach der Hinrichtung Louis XVI. am 21. Januar 1793 gaben seine beiden Brüder die sogenannte „Hammer Erklärung“ oder „Déclaration du Régent de France“ ab – ein politisches Manifest der royalistischen Gegenrevolution. De Provence erklärte sich für die Zeit der Unmündigkeit seines Neffen Louis XVII. zum „Regenten von Frankreich“. Hamm war bis Ende 1793 Sitz der französischen Exilregierung.
Nach dem Sturz Napoleons 1814 wurde der Graf de Provence König Louis XVIII. von Frankreich. Sein Bruder folgte ihm als König Charles X. 1824.
Vom Wohnhaus zum Krankenhaus
Über Heirat kam der Nassauer Hof in den Besitz von Gisbert Adolph Freiherr von Bodelschwingh. Seine Kinder verkauften ihn mit den dazugehörigen Nebengebäuden 1850 an die katholische Kirchengemeinde in Hamm. 1852 zog hier das nach der verheerenden Choleraepidemie errichtete Krankenhaus ein.
Die Gebäude wurden nach mehreren Erweiterungen 1898, 1903/04 und 1912 für einen Neubau abgerissen. Der Begriff „Nassauer Hof“ ging auf das daneben stehende repräsentative Gebäude über, das um 1930 einem neuerlichen Erweiterungsbau weichen musste.
Weitere Entwicklung des Areals
Bis 1990 waren im Krankenhaus, das seit 1926 Marienhospital heißt, Nonnen aus der Kongregation der Vinzentinerinnen als Krankenschwestern und Pflegedienstleiterinnen tätig. Auf dem Gelände des Krankenhauses wurden nach und nach auch eine Nähschule und ein Waisenhaus für Kinder eingerichtet.
Downloads
- Die Stele ''Nassauer Hof" (PDF, 1.28 MB)
- Die Stele ''Hamm – Sitz der französischen Exilregierung'' (PDF, 1.25 MB)