Haus Caldenhof

Das märkische Lehngut wurde 1392 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Der Name deutet darauf hin, dass der Lehnsinhaber nicht ständig auf dem Gut ansässig war (Kaltenhof = kein Herdfeuer). Im Laufe der Jahrhunderte wurde es mehrfach verpfändet und wechselte häufig den Besitzer.

1525 wurde ein zweigeschossiges Herrenhaus mit gewölbtem Keller und einem die Dachtraufe überragenden Giebel, der mit schlanken, spitz zulaufenden Türmchen (Fialen) verziert war,
errichtet.

1822 kaufte der Kaufmann Elias Marks aus Hamm das Gut für seine Frau Jette, die jedoch schon 1823 verstarb. 1840 übergab er es an seine Enkelin Sophie Haindorf und ihren Mann Jacob Loeb. Nachdem das Ehepaar sieben Kinder bekommen hatte, wurde 1857 das burgartige Wohnhaus abgerissen und an gleicher Stelle durch ein Herrenhaus in neogotischem Stil nach Plänen des Architekten Albrecht Lübke ersetzt. 

1859 konnte die Familie dort einziehen. Sophie ließ für den Innenausbau die besten Kunsthandwerker kommen. Die Eingangshalle war in hellem und dunklem Marmor gestaltet. Die Böden im Erdgeschoss wurden mit Parkettböden ausgelegt. Besonders prachtvoll und ein kunsthandwerkliches Meisterwerk war die Treppe zum Obergeschoß. Auf jedem Pfosten ruhte eine geschnitzte Figur, die Sprossen waren in Bögen eingearbeitet, die in einen breiten Handlauf übergingen. Die Türen waren größtenteils als Flügeltüren mit breiten, geschnitzten Holzrahmen umgeben. Besonders aufwendig erschienen die Fenster im Obergeschoß, über den Flügeln waren halbrunde, in Holz und Glas gearbeitete Ornamente aufgesetzt. Alle Decken wurden mit Stuck ausgebildet. Im „Rittersaal“ war die Decke in acht verzierte Felder aufgeteilt. Drei große Kronleuchter gaben ein festliches Erscheinungsbild. Als Alexander Haindorf 1862 verstarb, wurde ein zusätzlicher Galerietrakt mit 12 Räumen angebaut, um seine umfangreiche Gemälde- und Kunstsammlung unterbringen zu können.

1862 kam noch ein Anbau für die Kunstsammlung von Dr. Alexander Haindorf dazu, dem Vater von Sophie Loeb. 

Ansicht des nach 1858 im neogotischen Stil errichteten Hauses Caldenhof mit Gräfte
Quelle: Stadtarchiv Hamm
Frühe Fotografie des Hauses Caldenhof mit Gräfte, vor 1900
Quelle: Stadtarchiv Hamm
Im Park von Haus Caldenhof an der Ahse, um 1960
Quelle: Stadtarchiv Hamm
Foyer im Haus Caldenhof, um 1960
Quelle: LWL-Medienzentrum für Westfalen
Salon und Speisezimmer im Haus Caldenhof, um 1960
Quelle: LWL-Medienzentrum für Westfalen

Gut zu wissen

Ein Gemälde von Alexander Haindorf und zwei seiner Enkelkinder, 1854
Quelle: LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster, Inv. Nr. 1341 LM
Ein Gemälde von Jakob Loeb
Quelle: Privatbesitz
Ein Gemälde von Sophie Loeb, geb. Haindorf
Quelle: Privatbesitz
Der Landrat Dr. Ernst Theodor Loeb-Caldenhof in seinem Wohnzimmer im Jahre 1962
Quelle: LWL-Medienzentrum für Westfalen

Die Familie Loeb-Caldenhof

1822 erwarb der jüdische Kaufmann Elias Marks aus Hamm das Gut mit seinen Ländereien für seine Ehefrau Jette, nachdem in Preußen nach 1812 Juden annähernde Rechtsgleichheit erhielten und Landbesitz erwerben durften.
Die Tochter Sophie heiratete 1815 den Psychiater und Kunstsammler Dr. Alexander Haindorf und verstarb schon 1816 bei der Geburt des ersten Kindes Sophie. Dieses Kind wuchs bei den Großeltern in Hamm und auf Caldenhof auf. Ab 1828 erhielt sie eine umfangreiche Schulausbildung in der jüdischen Elementarschule des Vaters in Münster. Besonders wichtig war ihm die Unterweisung in Sprachen, Kunst, Kultur und Politik.
1840 heiratete Sophie Jacob Loeb, der ihr Erbe verwaltete. Elias Marks übergab den Brautleuten das Gut Haus Caldenhof. Jacob Loeb setzte seinen Anspruch als Rittergutsbesitzer auf einen Sitz im Kreistag zu Soest durch, was Juden bis dahin verwehrt wurde. Er war ein tüchtiger Kaufmann und erweiterte den Grundbesitz und das Vermögen.
Letzter Besitzer von Gut Caldenhof war Dr. Ernst Theodor Loeb-Caldenhof (1881 – 1964). Obwohl bereits in zweiter Generation evangelisch, wurde er von den Nationalsozialisten als „Vierteljude“ diffamiert und verlor seine Stelle als Landrat in Hameln. Fortan kümmerte er sich um das Gut. Von Oktober 1944 bis April 1945 wurde er in ein Arbeitslager nach Hünfeld/Hessen verschleppt.
1964 starb Dr. Loeb-Caldenhof, nachdem in einer Sitzung des evangelischen Kirchenkreises der Abriss des Hauses gegen seinen Wunsch und den Wortlaut seiner Stiftung beschlossen wurde.

Das Ende des Gutshauses

1921 wurde das Gebäude noch einmal umfangreich renoviert und modernisiert. 

1961 vermachte der letzte Besitzer Dr. Ernst Theodor Loeb-Caldenhof das Gut dem Evangelischen Kirchenkreis Hamm, um darin eine Bildungsanstalt einzurichten. Mit Begründung der zu hohen Instandhaltungskosten wurde 1964 gegen den Stiftungszweck und Willen von Loeb-Caldenhof und des Superintendenten Fritz Viering der Abriss des Herrenhauses beschlossen. 

1969 wurde das heutige Gebäudeensemble als Pflegevorschule (1969 bis 1987) erbaut. Heute beherbergt es ein Fachseminar für Altenpflege, ein stationär betreutes Wohnen (KESH) und die Evangelische Erwachsenenbildung.

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