Notgeld war ein aus einer Mangelsituation entstandener Geldersatz, der fehlende gesetzliche Zahlungsmittel ersetzte und von Staaten, Gemeinden oder privaten Unternehmen herausgegeben wurde. Gründe für diese Mangelsituation waren besonders bei Münzen Rohstoffmangel oder die Tatsache, dass z.B. Silbermünzen gehortet wurden. Hammer Notgeld gab es aber schon vor 1921. 1917 erschienen Münzen aus Zink mit einem sehr einfachen Erscheinungsbild: Vorne das Hammer Wappenschild mit Krone und Schriftzug STADT HAMM (WESTF) und auf der Rückseite die jeweilige Wertziffer und der Schriftzug KRIEGSGELD 1917.
Münzen nach Entwürfen von Christian Kreutzfeld
Schon 1918 erschien eine neue Serie, weil das offizielle Kleingeld einfach nicht ausreichte. Und wieder waren es vergleichsweise niedrige Münzwerte von 1 bis 50 Pfennig, die auf Veranlassung des ehrenamtlichen Museums-Direktors Gustav Lübcke nach einem Entwurf des bekannten Kunstmalers Christian Kreutzfeld geprägt wurden. Ansichten waren u.a. eine Stadtansicht; das bekannte Standbild des Grafen von der Mark und der Merianstich von 1647. 1919 kam eine dritte Serie hinzu, wieder unter Beteiligung von Lübcke und Kreutzfeld. Diesmal verwendete Lübcke auch Freimaurersymbole. Lübcke selbst war Freimaurer. Diese Münzen von 1919 waren von hohem Wert. So berichtet ein Freimaurer in der Mitgliederzeitschrift, dass er 1984 für die (nicht kompletten) Sätze von 1917, 1918 und 1919 ein Angebot von 17000 DM gemacht habe, aber nicht zum Zuge gekommen sei. 1984 berichte der Westfälische Anzeiger, dass weltweit von der Prägung 1919 nur noch 35 komplette Sätze vorhanden seien, darunter eine Ausgabe im Freimaurer-Museum in Washington.
Die Notgeldscheine
Neben den Münzen erschienen auch Papierscheine, die schneller und preiswerter herzustellen waren. Interessante Informationen dazu liefert Volker Innemann M.A. im Begleitheft ,,Münzen, Marken und Medaillen“ zur Ausstellung der Sparkasse Hamm im Gustav-Lübcke-Museum 1992 zum Thema ,,700 Jahre Geldgeschichte in Hamm“. Innemann schreibt: „Die erste Ausgabe zu fünf und zehn Mark 1918 wurde von Gustav Lübcke in nur 24 Stunden entworfen und von der bekannten Druckerei Griebsch gedruckt. Der Fünfmarkschein trägt zum Schutz gegen Nachdrucke einen roten Unterdruck, dessen Text Lübcke während des Setzens diktierte: ‚Es wird das Jahr stark und scharf hergehen. Aber man muß die Ohren steif halten und jeder, der Ehre und Liebe fürs Vaterland hat, muß alles daransetzen. Ernst und schwer ist die Zeit. Es geht ums Ganze, um Heimat und Herd. Auf Leben und Tod, es geht um’s Ganze, angesichts des unübertrefflichen Heldentums draußen: Seid einig, seid einig, seid einig!‘ Die am 18. Mai 1920 gedruckte (erst 1921 erschienene) Serie von 16 Scheinen umfasst als Motive u.a. das alte und das neue Oberlandesgericht, das alte Bahnhofsgebäude, das Nordentor, das Kurhaus, die Ahsebrücke oder das Schloss Oberwerries.
Galoppierende Inflation
Mit dem erwähnten Notgeld von 1921 war aber noch lange nicht Schluss. Die Nennwerte wurden immer höher, denn wer am Morgen einkaufen ging, dessen Geld konnte schon bei der Ankunft im Geschäft nichts wert sein. So reichten bald Werte von 5 bis 50 Pfennig nicht mehr, denn die Inflation galoppierte. Schnell kletterten die Nennwerte von einer und drei Mark über eine und fünf Millionen Mark auf 10, 20, 50 und 100 Milliarden Mark. Den Höhepunkt der Hammer Geldgeschichte bildete dann der 12. November 1923 der Schein zu einer Billion Mark. Im Jahre 1924 setzte die Einführung der Goldmark auch dem Inflationsspuk in Hamm ein Ende. Neben den offiziellen Notgeldscheinen der Stadt gab es vereinzelt Behelfsgeld von Geschäften, z.B. aufgedruckt auf Rückseiten der Eisenbahn-Fahrkarten. Die Zeche de Wendel ließ im Jahre 1923 Notgeldscheine mit Werten von 10 und 20 Millionen Mark drucken. Der Bürgerschützenverein Hamm gab 1921 zwei Scheine von einer und drei Mark als Oberschlesienspende für das Wohltätigkeitsfest am 6. und 7. Februar heraus.
NORBERT TEICHERT